Aller guten Dinge sind 3:

Der Mosel-Camino!

Von Koblenz-Stolzenfels nach Trier

 

Der Mosel-Camino - ein Jakobsweg an einem der

romantischsten Flüsse Deutschlands. Wer jetzt

jedoch denkt, das hört sich nach eben und bequem an, irrt:

Der Weg ist wunderschön, verläuft über lange Strecken

völlig herausgenommen aus Alltag und Trubel

durch Wälder, Wiesen, Felder und Weinberge …

und lässt keinen Höhenmeter der Moselschleifen aus.

 

Dieser Pilgerführer ist für Menschen gedacht, die beim

Gehen manchmal einfach nur Bauch und Füße sind –

Bauchfüßler eben -, mit ganz genauen Wegbeschreibungen

von Ort zu Ort, wichtigen Tipps und Informationen

und kleinen Wissenswertigkeiten, staubtuchwortfrei

und im Bauchtaschenformat.


DIN A6, Spiralbindung mit Schutzfolie, 83 Seiten



ISBN: 978-3-9816815-2-9

 

 

Hach, der gefällt mir selbst so gut, dass ich gar nicht weiß, was ich euch als Leseprobe hier reinstellen soll. Hm, mal überlegen, vielleicht ein bisschen vom Anfang:



Koblenz-Stolzenfels (0 km)

 

ã                    Zur Kripp, Brunnenstraße 23 – 25,  (02 61) 2 91 97 75 (39,-- für Pilger/69,--).

 

Unser Weg beginnt von der Rhenser Straße am Parkhaus vorbei dort, wo der Shuttle-Bus zur Burg Stolzenfels abfährt. Hier finden wir

F     rechts nicht nur die Jakobusstele (Stele = freistehender, hoher Stein), sondern auch die Treppe, die uns über 93 Stufen hinaufbringt zur St. Menaskirche (0,1 km).

 

St. Menaskirche

Der Capella Sewardi aus dem Jahr 110 folgte 1328 eine Vorgängerkirche, die dem Märtyrer Menas geweiht und damit die einzige Kirche nördlich der Alpen war, die diesem bei uns doch sehr unbekannten Heiligen gewidmet wurde. Die heutige Kirche stammt aus 1826 – 1833. Die Ausmalungen von 1844 und 1907 wurden übertüncht und 1981 teilweise wieder freigelegt. Das Kruzifix stammt aus der Mitte des 15. Jh., die Muttergottes mit dem Christuskind rechts vom Altar von um 1520, die Lindenholzfigur des Heiligen Sebastian an einem Baumstumpf gebunden aus um 1500. Die Figur des Heiligen Menas, gekleidet als römischer Soldat (1940) wird flankiert von einer in einen Rahmen gefassten antiken Menas-Ampulle aus dem 4./5. Jahrhundert.

'       Menas lebte im 3. Jh. in Ägypten, war zunächst ägyptischer Soldat, dann Einsiedler, bekannte sich zum Christentum und wurde gefoltert und hingerichtet. Um sein Grab entstand im 5. und 6. Jh. die Stadt Abu Mena (ca. 40 km südwestlich von Alexandria), die bis ins 10. Jh.  Wallfahrtsort war. Man sagte einem Öl, das in Menas-Ampullen bis nach Europa mitgenommen wurde, heilende Wirkung nach.

 

Oberhalb der Kirche folgen wir einem Pflasterweg

F     links bergauf, biegen in den nächsten Schotterweg kurz

F     links ein und asphaltieren gleich

F                   halbrechts zur Burg Stolzenfels (0,6 km). Unterwegs begegnen uns auch schon die ersten Muscheln: Ja, wir sind auf dem Jakobsweg!



In meinen Bauchfüßlern gibt es freilich ganz oft Worte wie linksgeradeaus, scharfrechts und gehen, aber ich habe es total genossen, die kleinen Wissenswertigkeiten zusammenzutragen, die ich gefunden oder erzählt bekommen habe. Das ist für mich Nichtspanischschwätzer auf den Caminos dort immer ein bisschen schwierig, also habe ich mich hier so richtig nach meines Herzens Lust ausgetobt!



Starkenburg (83,2 km, ñ 2502 m, ò 2240 m) 

 

Ihr werdet längst gemerkt haben, dass dieser Ort strategisch geschickt und ziemlich weit oben liegt. Das nutzten schon die Römer und bauten hier eine Festung hin, die 412 vermutlich von Franken zerstört wurde. Die Burg Starkenberg wurde um 1200 erstmals urkundlich erwähnt.

Dann war es – Achtung! – eine Frau, die die Burg in aller Munde brachte: Nachdem ihr Gemahl verstorben und der Sohn noch nicht mündig war, hielt Loretta von Sponheim das Zepter in der Hand und hatte reichlich Knatsch mit dem Erzbischof und Kurfürst Balduin von Luxemburg. Dem war die Burg eh ein Dorn im Auge – und dann auch noch regiert von einer Frau! Da gab’s nur eins: Weg mit dem Weib und her mit dem Besitz! Er prustete sich auf (und wenn jetzt gerade die Damen unter euch das Motorenröhren eines Autos mit ganz vielen PS unter der Haube und ganz wenig Hirn hinter dem Steuer vor Augen haben – von mir habt ihr das nicht!), wovon Loretta allerdings höchstens mäßig (sooo klein!) beeindruckt war. Blöd war nur, dass sie ihm kriegerisch nicht gewachsen war. Nun, wo Muckis nicht reichen, muss man eben ein bisschen den Kopf benutzen. Der von Loretta war nicht nur, wie man sagt, richtig hübsch, sondern auch ziemlich klug: Als Balduin Schreck per Schiff auf dem Weg nach Koblenz war, das muss Ende Mai/Anfang Juni 1328 gewesen sein, ließ sie ihn mit Kähnen umzingeln, entern, gefangen nehmen und sperrte ihn erst mal ein bisschen weg, auf das sich sein erhitztes Gemüt berunhige und seine Füße wieder auf den Boden zurückkehrten. Ob es stimmt, dass der Kaiser ihr drohte und der Papst sogar einen Bannfluch gegen sie ausstieß, ist nicht belegt, würzt die Geschichte aber so schön mit Drama. Am 07.07.1328 wurde ein Sühnevertrag beurkundet und Balduin Bischof am 05.09.1328 wieder amtgeschäftig, … nachdem er Loretta große Zugeständnisse gemacht und 15.000 Pfund Heller den Besitzer gewechselt hatten.

1567 wird die Burg bereits als ein „alt baufällig hus“ bezeichnet und ab 1682 nur noch als Baustoffhalde genutzt.

 

      An einer Gaststätte kommen wir direkt vorbei (ð 3,1 km)

I     Schaut unbedingt in die kleine evangelische Kirche (1764/65) rechts hinein! Die ist so schön für den Bauch, mit Jakobus, ganz lieber schriftlicher Begrüßung, Kruschelkästchen,  Gästebuch

und Stempel.



Und es wäre kein Bauchfüßler, wenn da nicht auch ganz viel meiner Gefühligkeit mit drin verwurschtelt worden wäre:



Kirche St. Michael

Sie hat ihren Stil des 14. Jh. in die Gegenwart gerettet. Ich finde, sie steckt voll Gegensätze, die sie aber immer harmonisch zu einem runden Bild bringt. Das beginnt schon mit den verschieden breiten Seitenschiffen, die den Innenraum noch lockerer machen.  Wenn wir (ich gehe jetzt mal im Uhrzeigersinn herum) am Marienaltar (1750) vorbei in die Kneipsche Kapelle treten, werden wir als erstes vom Heiligen Jakobus begrüßt und verlassen zumindest untenherum diese offene Leichtigkeit in eine dustere Heimeligkeit, in der die Apostel einen schützenden Kreis um uns bilden, während wir am Sebastianus-Pestaltar (1631) mit einer der schlimmsten Zeiten der Menschheit konfrontiert werden. Dann schwebt links der Erzengel über uns (ich hab den schon als Kind gemocht, weil er so jung war und leicht; diese Darstellung finde ich besonders schön, schwebend und statt siegesstolzbrustgeschwellt auf erlegten Drachen posierend mit der Waage der Gerechtigkeit in der Hand), dahinter zwei wunderschön geschnitzte Chorbänke und ein weiterer Pestaltar, der das Grauen der Vergangenheit fast greifbar macht.  Davor der moderne Hauptaltar mit fluffig

lockerem Blattwerk und der Lesepult, an dem Gott nicht nur schützen über den ängstlich nach oben schauenden  Hirten schwebt, sondern über eine Säule wie mit ihnen verbunden ist.

Der Nikolausaltar im rechten Seitenschiff stammt aus um 1750.

Habt ihr auf den Fußboden geachtet? Habt ihr die Jesuslatschen gefunden? (solche haben wir als Jugendliche getragen – Heideröslein, ist das lange her!). Ich finde, solche Kleinigkeiten machen den Charme eines Ortes aus!

Und vermisst ihr etwas? - Genau! Das Taufbecken steht in einem eigenen Raum neben dem Haupteingang, an einer besonders schönen Pietà (Darstellung der Muttergottes mit dem Leichnam Jesus, Anfang 15. Jh.) vorbei, frei im Raum und irgendwie heimelig umgeben von den Darstellungen des Kreuzweges. So umhüllt der Tod die Geburt und stellt doch das Leben in den Mittelpunkt. Ich weiß nicht, wie es euch dabei geht, aber mir macht das Gänsehaut!