19.09.2015 Oviedo - San Juan de Villapanada


Nach der ungestümen Fiesta gestern, fällt mir das Aufstehen heute nicht allzu leicht. Aber dann doch, weil jetzt bin ich wieder auf dem Camino. Es ist schon komisch: Es ist ein ganz anderes Gefühl, so ein bisschen, wie nach Hause zu kommen. Hier kenne ich den Weg, hier kann ich gehen, wie ich möchte, brauche mir keine Gedanken mehr zu machen, ob ich andere bremse, sondern kann einfach so laufen, wie meine Füße gerade wollen. Natürlich war ich froh und dankbar, dass ich in den Picos nicht alleine war. Aber nach diesen wunderschönen Tagen in der Gruppe bin ich nun doch froh, auch wieder Zeit für mich alleine zu haben. Das habe ich schon vermisst: Zeit für mich, Zeit für meine Gedanken, die Ruhe, sie zu hören. DAS ist es, was für mich Camino ist.



Ich trenne mich schon morgens früh von den anderen, die über die beiden Kirchlein von Naranco gehen möchten.  Natürlich sind wunderschön und ein bisschen werden sie mir fehlen, aber ich möchte in diesem Jahr aus Oviedo hinaus den eigentlichen Weg gehen, nur, damit ich sagen kann, dass ich den auch gegangen bin (und um nachzugucken, ob das alles so stimmt, was ich in meinem Pilgerführer so verzapft habe). Und irgendwie sind meine Füße locker und lauern nach zwei Bus- und Taxitagen nur darauf, wieder in der großen, weiten Welt herumzuwatscheln.


Bei der Gelegenheit muss ich mal eben ein Loblied auf meine Schuhe singen. Nein, in diesem Jahr gehe ich nicht in Aldi. So sehr ich sie liebe, für die Berge waren sie mir dann doch nicht zuverlässig genug. Bei der Suche nach dem richtigen Schuh habe ich die Verkäufer schier in den Wahnsinn getrieben, dann hatte ich einen, aber leider in der falschen Größe, und genau eine Woche vor Abmarsch habe ich den dann noch einmal getauscht (bei meinem Schuhgeschäft kann ich innerhalb von 14 Tagen die Schuhe wieder zurückgeben - total klasse!). Jetzt habe ich genau das richtige Wohnzimmer für meine Treterchen und sie und meine Stiefel haben sich einfach ineinander verliebt.


Leider gibt es im Capillchen del Carmen keinen Stempel mehr - hups! Ich kann es nicht lesen, was da steht, aber irgendwie liegt mir der Verdacht nahe, dass da jemandem ein Abdruck als Souvenier nicht genügt hat. Leute, die alles mitgehen lassen, was nicht niet- und nagelfest ist, gibt es leider auch auf dem Jakobsweg. Besonders die Kilometer- schilder auf den Steinen scheinen sich großer Beliebtheit zu erfreuen, wobei ich mir gar nicht ausmalen möchte, wie die aus ihren Vertiefungen herausgebrochen werden.


In Escamplero mache ich, same procedure as last year, mein Päuschen und dann noch einmal in Grado. Aber das Weitergehen fällt mir in diesem Jahr gar nicht schwer. Schließlich weiß ich ja, wo ich übernachten werde, und freue mich schon auf Domingo.


Obwohl ich in Oviedo nur einen Pilger getroffen habe, ist es beim Ankommen wie "Hallo, Schatz, wie war dein Tag?"! Domingo wuselt zwar noch ein bisschen wie ein angespitzter Staubwedel durch die Gegend. Er hat seine Herberge fest im Griff ... und die, die darin übernachten wollen, auch. Aber nachdem ich mich seiner Meinung nach gehörig ausgeruht habe und endlich mein Bett belegen kann, widmet er seine Aufmerksamkeit wieder anderen. ich versuche zwar noch, ihm irgendwie zu erklären, dass er mir letztes Jahr mein San-Sal-vador-Tuch an den Rucksack geklöppelt hat, aber ob er das versteht .... Ich glaube nicht. Aber das macht nichts, denn auch verstanden könnte er nicht herzlicher und aufmerksamer sein. Dann darf ich mich enldich zu den anderen auf die Terrasse setzen und ausgiebig mit ihnen ratschen.

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