27.09.2015 Lugo

 

Entschuldigt bitte! Ich weiß, ihr wartet auf neue Blogeinträge von mir und inzwischen haben wir nun immerhin das Jahr 2016 - alles, was ich jetzt also schreibe, war schon im letzten Jahr!, auch wenn das neue noch ganz frisch ist und gerade erst begonnen hat. Also wünsche ich euch allen erst einmal ein fröhliches Weihnachtsfest gehabt zu haben und ein wunderschönes Jahr 2016!

 

Seit meiner Rückkehr war einfach ein bisschen der Wurm drin: Muttis (also die Mutti von Thomas) Mann lag im Koma und ist dann leider verstorben. Keine gute Zeit. Vor allem deshalb nicht, weil Mutti so weit von uns weg wohnt und ich nicht mal eben zwischendurch bei ihr vorbeihuschen kann, um sie ein bisschen von daheim herauszuholen oder die Dinge zu erledigen, die bei einem Todesfall so erledigt werden müssen. Heideröslein!, ich krieg da immer ein großes Zähneknirschen: Als ob man, wenn man einen lieben Menschen verloren hat, nicht schon damit mehr als genug zu tun hätte, muss man auch noch auf allen möglichen Ämtern herumrennen, ganz abgesehen von den kleinen aber feinen Schockmomenten zwischendurch, die einem schier die Beinkleider entreißen.

 

Obendrein hat sich mein Husten mal eben in eine schön hässliche Lungenentzündung ausgewachsen. Alles nur halb so schlimm, aber mir hat es dahingehend gereicht, dass mir schon der Gang zur Toilette reichte, ausreichend ausgesuckelt zu sein. Da fehlte mir der Mumm zum Schreiben.

 

Und dann kam natürlich die Vorweihnachtszeit - für mich total falsch im Jahr. Bisher war ich ja immer im Mai/Juni unterwegs, das heißt, wenn ich nach Hause kam, war es immer erst einmal an der Zeit, die Winterjacken nach hinten und die Sommerkleider nach vorne zu hängen (Oh, da hab ich einen Tipp für alle, die, wie wir, schräge Wände im Schlafzimmer haben und deshalb keinen Kleiderschrank stellen können: Wir haben uns einfach vom Schreiner in die Schräge zwei Kleiderstangen im Abstand von zwei halben Jacken einbauen lassen, eine etwas tiefer hinten und davor eine etwas höher (was sich automatisch ergibt, weil die Wände ja nach innen schief sind (nach außen würde es komisch aussehen und man hätte ein bisschen Probleme damit, auf dem dann nach außen geneigten Dach die Pfannen so anzubringen, dass sie nicht herunterfallen (wobei bei einem nach außen geneigten Dach Pfannen eh überfrlüssig wären, weil dann ja der Regen ... hihihi, ich glaub, das lassen wir lieber). So, und wieviele Klammern muss ich jetzt schließen? Oh, nur zwei. Das geht ja noch: Klammer zu) Klammer zu). Nee, da ist noch eine! Die hatte ich ganz übersehen! Aber die kommt erst später, weil jetzt haben wir zwei Kleiderstangen, an denen man die Kleider hängen kann (eine etwas tiefer hinten, eine etwas höher vorne) und beim Schlaf keinen schönen Anblick bieten. Also haben wir schwupsdiwups noch Gardinenstangen davor befestigt (also in genügendem Abstand zu der vorderen Kleiderstange etwas höher, so dass die Jacken nicht im Weg hängen) und wunderschöne (naja gut, das ist ja jetzt Geschmacksache) Schiebegardinen daran montiert. Jetzt haben wir so etwas wie einen begehbaren Kleiderschrank. Und wenn jemand diese Idee aufgreifen möchte, schicke ich ihm gerne einen Plan (nur für den Fall, dass meine Ausführungen hier nicht wirklich verständlich sind, was ich mir gerade nicht wirklich vorstellen kann). Und jetzt kommt Klammer zu) (jetzt müsst ihr beim Lesen wieder oben anschließen, da, wo es erst einmal an der Zeit ist, die Winterjacken nach hinten und die Sommerkleider nach vorne zu hängen) ... und dann kommt der Sommer und der Herbst und dann erst Weihnachten. In diesem Jahr ist das alles anders: Als ich zurückkam war schon Herbst, den ich verprustete und verkeuchte und als ich wieder halbwegs auf den Beinen war, hatten die Weihnachtsmärkte schon geöffnet.

 

Zwischendurch habe ich dann zwar noch das geschrieben, was ihr jetzt unten lesen könnt, aber weil ich ja nun einmal ein heller Kopf bin, habe ich völlig vergessen, den Blog so zu verlinken, dass man auch auf ihn draufticken kann. Ich wieder!

 

Da fällt mir eine kleine Geschichte ein, die ich euch noch schnell erzählen muss: Bevor die Jungs geboren wurden, arbeitete ich ja in Frankfurt für ganz großartige und furchtbar liebe Chefs. Heideröslein!, als ich schwanger wurde, war es fast ein bisschen, als würden sie alle Papa werden! Ich kann euch gar nicht sagen, wie ich die Zeit dort genossen habe! Jedenfalls habe ich da einmal mit mir selbst geschimpft, weil ich wieder etwas verdüddelt habe (ihr merkt also, meine Düddeligkeit ist mir angeboren und kein erstes Anzeichen von Demenz ... es sei denn, meine Demenz fing gleich nach meiner Geburt an, wurde zwar schlimm, aber dann nicht schlimmer. Jedenfalls lebe ich mit ihr und weil ich sie nicht los werde, habe ich sie mir zum Freund gemacht, trete ihr manchmal gegen das Schienbein und beschimpfe mich, wenn es ganz arg kommt, auch schon einmal selbst, was den Vorteil hat, dass ich nie darüber eingeschnappt bin, weil ich ja weiß, dass mir die Schelte ganz recht geschieht). Das klang ungefähr so: "Oh Mann, Ilch, du bist doch so blöd! Wie kann man nur so schusselig sein!" Das kriegte einer meiner Chefs mit, ein ganz toller Mann. Er beobachtete mich still, wie ich mir selbst den Vogel zeigte und meinte dann: "Frau Ilchmann, sagen Sie, was ist eigentlich ein Ilch. Ich habe meine Bücher nach dem Begriff Ilch durchforstet, doch ich habe ihn nicht gefunden. Ich habe Enzyklopädien geweltzt, der Begriff Ilch taucht dort nicht auf. Selbst in Brehm's Tierleben ist ein Ilch nicht verzeichnet. Also, Frau Ilchmann, sagen Sie mir: Was ist ein Ilch?" Meine Antwort war: "Ein Ilch ist ein hirnloses Wesen, sich aufrecht auf zwei Beinen fortbewegend fast so, wie ein Mensch." - Meine Chefs dort waren klasse!

 

So, jetzt aber wieder zurück zum Weg, weil wegen all diesem Schmonses habt ihr ja nicht diese Seite aufgerufen:

 

 

Heute bleiben wir in Lugo und warten auf A. und B., die heute Geburtstag hat und ja nun nicht ungefeiert bleiben darf ... was jetzt nicht auch automatisch heißt, dass wir ausschlafen können, denn alle anderen stehen ja zeitig auf und machen sich fertig. Die können sich noch so viel Mühe geben: Wenn ganz viele aufstehen und sich fertigmachen, dann steigt der Geräuschpegel (womit ich jetzt nicht sagen will, dass sie sich Mühe gegeben hätten). Außerdem hat die Herberge ja Kehrausstunde, zu der wir eh draußen sein müssen. Also packen wir unsere sieben Sachen gewohnt früh, aber ungewohnt gemütlich und trullen uns rucksackbepackt ins erstbeste, bereits geöffnete Café und frühstücken in aller Ruhe. Leider fällt dieser Gemütlichkeit meine Lieblings-laufhose zum Opfer. Ich lasse sie aus Versehen hängen und als ich sie nachmittags suche, ist sie nicht mehr da.

 

Danach kümmern wir uns erst einmal um ein Zimmer und haben Glück: In dem Hotel, in dem auch A. und B. gebucht haben, bekommen wir noch ein Einzelzimmer für K. und ein Doppelzimmer für T. und mich. Wir müssen zwar bis nachmittags warten, dass wir in die Zimmer dürfen, weil sie ja erst noch geräumt und in Ordnung gebracht werden müssen, aber wir dürfen unsere Rucksäcke hier lassen, was uns nicht nur die Buckel, sondern auch den Tag wirklich um einiges erleichtert! Dann machen wir uns auf zur Lugo-Erkundungstour.

 

Zuerst umrunden wir den Stadtkern einmal fast komplett auf der über 2 km langen Stadtmauer - für mich ist die wirklich DER Hammer von Lugo und viel bedeutender als die Kathedrale. Wenn man auf ihr geht, wandelt man auf 1800 Jahren Geschichte und das krusselt im Bauch. 1930 planten irgendwelche ach so schlauen Köpfe tatsächlich, sie wegen der Stadterweiterung abzureißen! Könnt ihr euch das vorstellen? Wie kommt man denn auf eine solche Idee! - Das kann nur ein Mann gewesen sein, eine Frau hätte sich wahrscheinlich eher überlegt, darauf eine Wäscheleine aufzuhängen, weil die entschmutzigten Unterhosen so weit über der Stadt (nämlich bis zu 12 m hoch) schneller trocknen als zwischen den Häusern. Jedenfalls haben die Menschen einfach den Spieß umgedreht:

 

Wurde die Mauer seinerzeit als Schutz für die Einwohner gebaut, stellten sich jetzt umgekehrt die Einwohner schützend vor ihre Mauer. Da kam kein dussliger Planer gegen an! Und das war sooo gut so! Die hätten da wirklich die älteste erhaltene Stadtmauer Europas einfach dem Erdboden gleichgemacht! - Uuuuh, ich mag da gar nicht dran denken!

 

Dann besichtigen wir selbstverständlich auch die Kathedrale, weil man die eben besichtigt haben muss. Aber, wenn ich ehrlich sein darf, wirklich vom Hocker reißend finde ich sie nicht. Schön ist nur, dass es in der Innenkirche, in der immer eine Monstranz mit Hostie steht, so schön ruhig ist. Diese ständige Ausstellung und Anbetung des Allerheiligsten ist das, was diese Kirche schon im Mittelalter für Pilger und Nichtpilger so wichtig machte. Jemand namens E. Boyle O'Reilly schrieb 1910:

“Gleich zu welcher Stunde du die Kathedrale betrittst, es sind immer Anbeter da; zwei Priester knien immer vor dem Tabernakel und sie knien niemals allein. Dieses Schauspiel der demütigen Frömmigkeit zog mich wieder und wieder mit unwiderstehlicher Kraft hinein in die Kirche.

 

 Ein Spanier still betend vor dem Altar, ist nach meinem Erleben etwas mit jedem anderen Akt der Gottesverehrung Unvergleichliches. Nicht einmal die eindrucksvollen russischen Pilger in Jerusalem, wenn sie den Fußboden der Grabeskirche küssen, auch nicht der Araber, der bei Sonnenuntergang alleine in der Wüste kniet, konnte mich stärker beeindrucken. Es scheint, dass dieses stille Heiligtum von Lugo einen Strom von erhabenen Gedanken auf das ganze zufriedene kleine Städtchen verbreitet. Am stillen Nachmittag kniet eine von Falten gezeichnete Großmutter mit ihren Händen auf dem Kopf eines sechsjährigen Knirpses, der die Gebete wiederholt, die aus den alten Lippen hervorkamen. Oder drei junge feine Damen ziehen sich in einen stillen Winkel der Kirche zurück, um gemeinsam ihren täglichen Rosenkranz zu beten. In einer Seitenkapelle umschreitet eine Bäuerin, die sich unbeobachtet glaubt, in tiefer Verehrung auf den Knien den Altar.”

                                                                                                         (http://www.ewige-anbetung.de/Orte/Orte_der_Anbetung/Lugo/lugo.html)

 

 

Zwischendurch sitzen wir immer wieder in irgendwelchen Straßencafés und trödeln vor uns hin, bis wir unsere Zimmer beziehen können. Das heißt, T. und ich wechseln schnell noch einmal das Zimmer, denn das Doppelbett ist für uns beide nun doch ... ein bisschen zu kuschelig. Aber es ist kein Problem und der Hotelwirt sehr nett. Bei seiner Mutter sind wir da allerdings nicht ganz sicher; wir denken, dass sie die Hosen hier anhat und ihm bei unserem Ankommen den von ihr gestalteten Preis zugeraunt hat, den er uns nennen sollte und der 10,-- € höher lag als der, mit dem B. gebucht hat. Aber das hat uns nicht abgeschreckt, ist er doch noch sehr günstig. Und Mama ist ja auch unten im Wohnzimmer hinter der Rezeption und so schleichen wir auf Zehenspitzen wieder aus dem Kuscheldoppelbettzimmer heraus und in hinein in ein Zimmer mit zwei getrennten Betten. Hallo! Wir sind Pilger! Da ist man keusch und kuschelt nicht!

 

Als A. und B. abends endlich ankamen, saßen wir schon mit einer Ankommensklara (klara ist Bier mit weißer Limonade) und einem kleinen Törtchen, das T. extra besorgt hatte bereit und nachdem die beiden frisch geduscht und wieder soweit hergestellt waren, wurde natürlich Geburtstag gefeiert.

 

 

 

 

 

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